Zetteltage
Hörspiel von Urs Faes
SRF / 2024
Hörspiel von Urs Faes
Was bedeutet Demenz für einen Betroffenen? Der Schriftsteller Urs Faes zeichnet diesen Prozess nach, aus rein subjektiver Perspektive, in einem vielschichtigen Monolog mit ZDF-Star Dietrich Hollinderbäumer. An sich ein Paradox, denn Demenz heisst Auslöschung, das Ende von Sprache, Bewusstsein, Ich.
Als Ben das erste Mal bemerkt, dass ihm Wörter fehlen, beginnt er Buch zu führen. Es handelt sich, so Urs Faes, um «Aufzeichnungen eines Vergesslichwerdenden vor dem Vergessen». Sie dokumen-tieren das Anfangsstadium der Erkrankung, in der das Vergessen noch realisiert wird und dazu führt, dass der Betroffene seine Situation zu kaschieren versucht und öfter mit sich selber als mit Anderen spricht.
Es folgt die zweite Phase, einige Jahre später. Laut ärztlicher Diagnose ist die Krankheit ins mittlere Stadium übergegangen. Ben und seine Altersliebe Thea versuchen mit den immer komplizierteren und zunehmend quälenden Umständen ihres gemeinsamen und doch getrennten Alltags zurechtzu-kommen. Aber auch Witz und Komik stellen sich ein, manchmal auch unfreiwillig. In der dritten Phase verirrt, verzweigt und verliert sich Ben in sich selbst, bis schliesslich «Die Löscher» ihr stilles Werk vollenden.
Für seine «Genesis des Vergessens» stützte sich Urs Faes auf Tagebucheinträge von Patientinnen und Patienten. Für ihn, den Schriftsteller, der aus diesem Material bereits den Roman «Untertags» (Suhrkamp 2020) entwickelt hat, stellt sich dabei die elementare Frage: «Was ist einer noch, wenn er die Wörter verliert?»
Mit: Dietrich Hollinderbäumer (Ben), Doris Wolters (Thea), Jörg Pohl (Dr. Zuber), Kaija Ledergerber (Frau Traber), Päivi Stalder (Ulrike)
Komposition & Bassgitarren: Janko Hanushevsky
Posaune: Matthias Muche
Textfassung, Montage und Regie: Jean-Claude Kuner
Samstag, 21.09.2024, 20.00 Uhr, Radio SRF 2 Kultur
Freitag, 27.09.2024, 20.00, Radio SRF 1

Wieder die Angst, auch an diesem Tag noch mehr Wörter zu verlieren und neue nicht zu finden. Was sagen? Wie mich bewegen, wenn ich die Wörter nicht mehr kenne? Wenn sie mir entgleiten. Der Säugling kommt vom Tasten und Tappen zu den Wörtern. Ich aber vergesse die Wörter und beginne mit den Fingern zu sprechen.
Mehr zum Thema Literatur
Drama Deutsche Einheit
Grass, Brecht und der 17. Juni 1953
Peace
Hörspiel von Andreas Jungwirth
Feuer
von Robert Walser
Der neue Ton
Wie aus Nazis Demokraten werden sollten
Die Verbrennungen der Angst
Artaud und seine Psychiater
I Love Dick
Die Autofiktion der Chris Kraus
Kommt ein Pferd in die Bar
von David Grossmann
Das Gartenhaus
von Thomas Hürlimann
Manche Frauen
Nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von Alice Munro
Buchclub
Annäherungen an Alice Munro
Paris. Eine Liebe
von Urs Faes
Traumrollen
Hörspiel des Jahres 2013
liebesrap / loverap
Hörspiel von Gesine Schmidt
Schiff im Sturm
Etel Adnans Reise durch Leben und Länder
Ländliche Küche in Zentralfrankreich
Hörspiel nach einem Text von Harry Mathews
„Beckett’s Werk ist Musik für mich“
Samuel Beckett und die Musik
Im Dickicht der Stadt
Ein Großtstadtmärchen mit Rainer Werner Fassbinder
Das zerrissene Ehrenwort/The Broken Promise
Blutrache in Albanien
Mann? Frau? Berdache!
Über Indianer und Geschlechtervielfalt
Jeder ist seines Glückes Schmied
Über das Glück der Fülle
Spiel mit der Vergangenheit
Erinnerungen an den 17. Juni 1953