Sylvère Lotringer, Professor an der New Yorker Columbia Universität, will den kollektiven Wahn verstehen, den eine grundsätzlich vernünftige Gesellschaft während der zwei Weltkriege erfasst hat und zu Faschismus und Massenmorden verleitete. Er sucht eine Antwort in der Auseinandersetzung mit dem Schauspieler und Dichter Antonin Artaud (1896-1948).

Mit Mikrofon und Tonband macht sich Lotringer 1984 auf den Weg nach Frankreich. Artaud ist schon längst tot. Er sucht Zeitzeugen auf. U.a. die Literaturwissenschaftlerin Marthe Robert, eine persönliche Freundin Artauds, die lebensnahe und auch komische Anekdoten über ihren exzentrischen Künstlerfreund erzählt. Auch die beiden Psychiater, die Artaud behandelten, als er von 1937 bis 1945 in einer Irrenanstalt weggesperrt war. Mit unzähligen Elektroschocks versuchten sie damals, Artaud zurück in die Normalität zu therapieren.

Lotringer führt lange Gespräche mit den Ärzten. Über Artaud, seine Bedeutung in der Kunstwelt, und ihre therapeutischen Ansätze. Es sind tragikomische Dialoge, die die intolerante und engstirnige Haltung einer Machtelite widerspiegeln.

Jahrzehnte nach diesen Interviews wundert sich der achtzigjährige Lotringer, dass sich die alte Frage, was normal ist und wer verrückt, und wer das Recht dazu hat, dies zu bestimmen, sich in Zeiten des wieder erstarkten Rechtspopulismus erneut stellt.

mit: Wolfram Koch (Sylvère), Bernd Moss (Latrémolière), Jürgen Holtz (Ferdière), Moritz Grove (Artaud), Anne Müller (Thévenin), Katharina Matz (Robert) und Regina Lemnitz (Schwester)

Autor + Regie: Jean-Claude Kuner
Ursendung: SRF / 08.09.2019

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Ich bin mein ganzes Leben lang krank gewesen, und ich verlange nur, so weiterzumachen.

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