Der Lebensentwurf von Walter Spies liest sich faszinierend: hunderte seiner oft literarischen Briefe haben die Kriegswirren überlebt und bezeugen auf berührende Weise seinen Witz, seine Kreativität und seinen inneren Wandel auf der Suche nach dem Glück. Mit Mut hat Spies das realisiert, wovon so mancher sein Leben lang nur träumen mag: die gewohnte Umgebung zu verlassen, um in der tropischen Fremde ein neues glücklicheres Dasein zu finden.

Alles scheint sich für den jungen Walter Spies (geb. 1895 in Moskau) in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg zu entwickeln. Er hält sich in Dresden im Kreise um Oskar Kokoschka und Otto Dix auf, lebt später zusammen mit dem Stummfilm-Regisseur Friedrich W. Murnau in Berlin und begegnet dort allem, was Rang und Namen in der Kulturwelt hat. Als Maler verzeichnet er schnell erste Erfolge.

1923 verlässt der 28-jährige Walter Spies jedoch Europa. Ab 1927 lebt er auf Bali. Die Grössen seiner Zeit aus Kultur und Wissenschaft besuchen ihn: Vicky Baum, Charly Chaplin, Margaret Mead, und die Komponisten Colin McPhee oder Alexander Tansman.

Als 1940 die deutschen Truppen Holland überfallen, wird er als Deutscher interniert. Spies lebt die nächsten zwei Jahre in Lagern auf Java und Sumatra. Nach Ceylon evakuiert wird sein Schiff von den Japanern torpediert.

Autor + Regie: Jean-Claude Kuner
Ursendung: NDR / September 1995

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Es ist gerade ein Monat, dass ich hier auf Bali bin. Ich glaube wohl kaum, dass jemand sonst Bali in so kurzer Zeit so gründlich hat kennengelernt wie ich, denn Sie wissen es, ich habe es so durchgeführt, wie ich es mir vorgenommen hatte, ich bin die ganze Zeit zu Fuss gelaufen, oft quer durch's Land, wo sonst wohl wenige, wegen Weglosigkeit, hinkommen. Und das Wichtigste war, ich habe die Nächte immer nur in balinesischen Häusern zugebracht. So lernte ich das Leben und Treiben von Brahmanen, Bauern, von Handwerkern jeder Art, Holzschnitzern, Wajangmalern, Silberschmieden kennen. Ich hoffe, bald wieder für längere Zeit hierherkommen zu können, denn Bali scheint mir in jeder Hinsicht ganz unerschöpflich zu sein!

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